Serie: Du kannst immer auf mich zählen 

 

Teil 1: Überlebenstraining 

Er hakte hinter Fosters Fuß und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Foster  krachte auf die Matte, Lew Waterman über ihm. Bevor er reagieren konnte, drückte Lew ihn mit seinem Gewicht auf den Boden und gab ihm keine Chance, sich zu befreien.

 

„Gibst du auf?“ presste Waterman zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

 

„Ja, ja, lass mich los“, keuchte Foster. Lew rollte sich vom Körper seines Gegners herunter, bevor er leichtfüßig aufsprang. Er reichte Foster eine Hand und zog ihn hoch. Beide Männer schwitzten, atemlos nach der Trainingsstunde.

 

„Kampf beendet, oder?“ fragte Lew und hoffte, dass dieses schweißtreibende Training mit Foster endlich vorüber war. Paul nickte und nahm seinen Kopfschutz ab. Nach stundenlangem Üben von Angriffs- und Verteidigungstechniken brauchte selbst ein solch durchtrainierter Körper wie der von Foster eine Pause. Er zog seine Judojacke zurecht und befestigte den Gürtel. Schweiß tropfte von seiner Stirn. Er griff nach seiner Wasserflasche, trank ein paar Schlucke und schüttete den restlichen Inhalt über seinen Kopf.

 

Lew seufzte erleichtert und trottete zu der Bank, auf der Craig Collins nach seiner eigenen Trainingseinheit auf ihn wartete. Collins warf ihm einem anerkennenden Blick zu, als sich Lew neben seinem Kameraden niederließ.

 

Foster strich sich durch seine zerzausten Haare und drehte sich zu den wartenden Männern um. Er griff zwei Badehandtücher von einem Regal und warf sie ihnen zu.

 

„Nun, es gibt nichts mehr, was ich euch noch beibringen könnte. Eure Reaktionen sind hervorragend und eure Kondition ist auf einem guten Niveau nach diesen zwei Wochen. Ihr habt euch großartig geschlagen.“

 

„Oh, ein seltenes Kompliment. Wie kommen wir zu der Ehre?“ fragte Waterman und öffnete seine Judojacke, um Luft an seine Haut zu lassen. Lew war größer als Paul, aber etwa gleich schwer. Er hatte eine schlanke, durchtrainierte Gestalt mit wohlproportionierter Bauch- und Brustmuskulatur. Er griff nach dem Trainingsplan auf der Bank und begann, kühle Luft an seinen schweißglänzendin Körper zu fächeln. Stöhnend streckte er seine langen Beine aus und entspannte seine Muskeln.

 

Ein kurzes Lächeln umspielte Fosters Mundwinkel. Er wies zur Tür des Sportraumes.

„Duscht zuerst und dann bekommt ihr die Antwort von Colonel Freeman. Er wartet schon im Konferenzraum auf uns.“

 

Fünfzehn Minuten später waren die vier Männer um den Konferenztisch versammelt. Colonel Freeman blätterte durch den Ordner vor ihm und legte dann die Papiere zur Seite.

 

„Lew, Craig, Ihre Werte sind besser, als ich erwartet habe. Ich habe auch den Bericht von Dr. Shroeder über Ihre physische Verfassung gelesen. Paul hat mir berichtet, daß Sie Ihre Kampftechniken während der letzten Tage verbessert haben. Daher starten wir morgen früh um sechs Uhr mit dem letzten Teil Ihres Trainings.“

 

Craig strich sich sein feuchtes Haar zurück. „Oh, Alec, warum denn so früh? Denken Sie nicht, daß wir nach zwei harten Trainingswochen ein wenig Ruhe verdient haben?“

 

Freeman runzelte seine Stirn. „Wenn Sie Ruhe wollen, fragen Sie Commander Straker nach einem Schreibtischjob. Sie und Waterman sind hochqualifizierte und ehrgeizige Piloten und, nebenbei gesagt,  wir wollen, daß das auch so bleibt.“

 

Er wandte sich Waterman zu, dessen interessierter Gesichtsausdruck ihn dazu veranlasste, fortzufahren. „Nun, morgen früh werde ich Sie mit dem Helikopter zu einer kleinen Insel im Atlantik fliegen. Sie sollen Ihren Überlebensinstinkt und Ihre Orientierungsfähigkeiten unter Beweis stellen.“   

 

Alec schaute zu Foster und schob ihm einen Stapel Papiere zu. Dann suchte er nach seinen unverzichtbaren Zigaretten und zündete sich eine an. Er nahm einen tiefen Zug und schloß für einen Moment seine Augen. „Machen Sie weiter, Paul.“

 

„Ihr werdet Überlebensausrüstung und eine Liste mit Aufgaben mitbekommen,die ihr in fünf Tagen erledigen sollt.“ Foster reichte ihnen zwei Geländekarten. „Die Insel ist unbewohnt, nur Vulkangestein, Gebüsch, ein paar Bäume und tausende von Seevögeln. Die Ornithologen haben eine Station im Norden gebaut, die diesen Monat leer steht. Sie verfügt über ein Funkgerät, welches ihr im Notfall benutzten dürft.“

 

„Und auch in dem Fall, wenn Sie früher fertig werden,“ ergänzte Freeman.„Ich erkläre Ihnen den Rest der Mission morgen während des Fluges. Noch Fragen?“

 

Collins sah nicht gerade glücklich aus. Sein Mund hatte sich zu einem schmalen Strich zusammengezogen und er verschränkte die Arme vor der Brust. „Toll,“ brummte er und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Sie wollen also, dass wir Cowboy und Indianer spielen, in der Gegend herumkrabbeln und nach Glasperlen suchen, die Sie vorher dort versteckt haben.“

 

Er drehte seinen Kopf zu Waterman, der ein leichtes Grinsen nicht verbergen konnte. Lew nahm seine Karte und stand auf. „Besser Indianer spielen als Aliens unter Wasser jagen. Wenn mein Job davon abhängt, campiere ich sogar auf einer einsamen Eissscholle.“

Er legte eine Hand auf Fosters Schulter. „Okay, Paul, danke für die Trainingseinheiten. Wann fliegst du zur Mondbasis zurück?“

 

Foster schaute auf seine Uhr. „Wenn ich mich beeile, kann ich den nächsten Flug in zwei Stunden noch erreichen.“ Er leerte sein Glas in einem Zug und griff nach seinen Papieren. „Viel Glück, Kollegen. Und Lew, vergiß nicht, einige von Deinen Müsliriegeln mit auf die Insel zu nehmen, dort soll die Versorgung recht schlecht sein.“

 

Er grinste und eilte zur Tür. Collins rief ihn noch einmal zurück. „Foster, wenn Sie Colonel Lake treffen, sagen Sie ihr, ich freue mich auf das nächste Rendezvous. Und vergessen Sie nicht, wessen Freundin sie ist!“

 

Fosters Gesicht erstarrte, als er sich umdrehte. „Was soll das denn bedeuten?“

 

„Nichts spezielles, nur das, was ich sagte.“ Ein bohrender Blick traf Paul, während Craig seine Muskeln anspannte. Waterman beeilte sich, den Disput zu beenden. Er griff nach Craigs Ärmel und zog ihn vom Stuhl hoch. „Geh voraus, wir müssen unsere Ausrüstung noch einpacken.“ Er schob ihn durch die Tür und passierte Paul mit einem Achselzucken. „Hoffentlich wird ihm der Überlebenstest die Flausen aus dem Kopf treiben. Wir sehen uns zum nächsten Dienst, Paul.“

 

X  X  X

 

Lew faltete die Karte zusammen und verstaute sie im Außenfach seines Rucksacks. Er presste seine Augen zusammen, um sie vor der blendenden Sonne zu schützen und schaute zu Craig zurück, der ihm in einigem Abstand folgte.

 

„Craig, was machst du so lange? Beeile dich, wir haben nur noch fünf Kilometer bis zur Station.“

 

Craig lüftete seine Armykappe und kratzte sich auf dem Kopf, an dem die blonden Haare klebten, bevor er sich wieder in Bewegung setzte und schließlich Lew erreichte.

 

„Meine Güte, warum hat uns Alec nichts von der Hitze hier erzählt? Ich dachte, Februar ist ein Wintermonat und nicht 40° heiß.“

 

„Eher 25° und vielleicht erinnerst Du Dich, wie kalt die beiden letzten Nächte geworden sind. Ohne unser Lagerfeuer hätten wir jetzt Frostbeulen.“  

 

Der Anflug eines Grinsens strafte seine Worte Lügen, aber Craig war mit seiner Wasserflasche beschäftigt und hatte es nicht wahrgenommen. Waterman öffnete seine Jacke, zog sie aus und befestigte sie zusammengerollt auf seinem Gepäck. „Hast du unsere Position schon gecheckt?“

 

Craig nickte. „Ja, vor einigen Minuten. Wir müssen das Tal hinter dem Bergdort durchqueren, dem schmalen Pfad den Klippen entlang folgen und in drei Stunden sitzen wir in der Vogelstation, einen Krug Eistee auf dem Tisch.“

 

Er grinste und setzte sich wieder in Bewegung, dieses Mal die Führung übernehmend. „Und dann funken wir den guten alten Colonel Freeman an und morgenf rüh kommt er und nimmt uns mit dem Heli auf und ....“

 

„... eröffnet uns, daß unsere freien Tage für den Rest der Woche gestrichen sind wegen eines massiven UFO-Angriffs“, vervollständigte der größere Mann in seiner trockenen Art den Satz, den Schritten seines Kameraden folgend.

 

Bis jetzt war der Überlebenstest wie am Schnürchen gelaufen. Neun der zehn Aufgaben waren bereits erledigt. Waterman schmunzelte, als er sich an die letzte Aufgabe erinnerte. Collins hatte eine Gummiente aus einem Baum fünf Meter über dem Boden holen sollen und das morsche Holz war unter ihm zusammengebrochen. Sekunden später war sein ehrgeiziger Kollege aus den Zweigen wieder aufgetaucht, die Ente schwenkend und wie ein Wasserhuhn glucksend.

 

‚Verrückter Kerl“, dachte Lew amüsiert. Auf der einen Seite konnte sein Kamerad jeden aus dem Stehgreif zum Lachen bringen, auf der anderen veranlasste seine Hitzköpfigkeit ihn oft zu Überreaktionen. Lew hatte nicht die Szene zwischen Craig und Paul im Trainingscenter vergessen und er zweifelte daran, ob Craig es je schaffen würde, sein hitziges Temperament in den Griff zu bekommen.

 

Zwei Stunden später hatten sie den flachen Krater des Vulkans durchquert. Lew, der oft die frische Luft und das Farbspiel der Natur vermisste, während er seinen zweimonatigen Dienst im Skydiver versah, genoß den Marsch entlang der Klippen zwischen dem Vulkangestein und dem Atlantik.  Seine Augen streiften über die Landschaft, die Schönheit der Wildnis in sich aufnehmend. Die bizarren Gesteinsformationen, die der Vulkan vor tausenden von Jahren bei seinem Ausbruch geformt hatte, erinnerten ihn an die Mondoberfläche rund um Moonbase. Schwarze Asche bedeckte einen Großteil des Bodens. Aber dieser Boden war nicht so unfruchtbar, wie er auf den ersten Blick erschien; hier und da hatten niedrige Stauden Fuß gefasst und hübsche gelbe und rote Blüten hervorgebracht.

 

Collins hielt an und sah sich nach ihm um. „Ist das nicht die Station dort hinten? Laß und eine Minute Pause machen und nachsehen, wo unser Colonel seine letzte Überraschung für uns versteckt hat.“

 

Er setzte seinen Rucksack ab und begann, nach dem Aufgabenzettel zu kramen. Lew ließ sein schweres Gepäck ebenfalls zu Boden sinken und dehnte seine Arme und Schultern, um die schmerzenden Muskeln zu lockern. Gewohnheitsmäßig schaute er sich um, als plötzlich ein kurzer Lichtblitz zwischen der Station und dem eigenen Standort seine Aufmerksamkeit erregte.

 

„Möglicherweise sind wir nicht allein“, murmelte er und versuchte, den Verursacher auszumachen.

 

„Natürlich sind wir es nicht,“ antwortete Craig, während er begann, den Inhalt seines Rucksacks auf den Boden auszuleeren. Schließlich zog er die Liste hervor. „Erinnerst du dich nicht an Freeman und seine tausend Seemöwen?“

 

„Das war Foster und er sagte nicht Seemöwen, sondern Seevögel. Aber der Lichtblitz, den ich gerade gesehen habe, stammt definitiv von überhaupt keinem Vogel.“

 

„Vielleicht von einem Vogel ohne Federn, von einer der Onithologinnen?“ Lew grinste über den Witz und sein Gesicht entspannte sich. Er griff nach der Aufgabenliste.

 

„Egal ob Federn oder nicht, laß uns die letzte Aufgabe erledigen. Was sagt uns Nummer zehn? ‚Findet einen Felsen, der wie ein gelandetes UFO aussieht und holt das Gipsei aus dem Vogelnest unterhalb des Felsens.’ Das ist nicht schwer, der Felsen liegt da drüben an der Steilküste und ...“

 

„... und der Rest ist meine Sache. Du weißt ja, ich bin im Klettern schon geübt!“

 

Craig beeilte sich, seine Sachen wieder im Rucksack zu verstauen. Ohne jegliche Ordnung stopfte er Kleidung, Essgeschirr, Waschartikel und den Rest seiner Ausrüstung in die Tasche zurück und hatte einige Schwierigkeiten, die Laschen über dem Durcheinander zu schließen.

 

„Warte hier, ich bin in zehn Minuten wieder zurück.“

 

„Craig?“

 

„Was?“

 

„Du hast was verloren. Dort.“

 

Craig bückte sich und hob eine schmale Packung auf. „Danke. Ich glaube, wir sollten unsere Aufgaben langsam beenden, ich fange schon an, nachlässig zu werden.“ Er grinste und steckte die Schachtel in seine Hosentasche.

 

Dann drehte er sich um und joggte zu dem Felsblock hinüber, der einige hundert Meter weiter am Rand der Steilküste lag. Lew lehnte sich an einen Felsen, nahm einen der Müsliriegel aus der Hosentasche und begann zu essen. Während sein Blick Craig folgte, nahm er aus den Augenwinkeln heraus erneut eine Reflektion wahr, dieses Mal wesentlich näher. Lews Mißtrauen war geweckt.  Er drehte sich um und begann, auf die Stelle zuzugehen, als er plötzlich von einem furchtbaren Schlag gegen den Kopf gestoppt wurde. Sein Körper fiel zur Seite und er schlug besinnungslos auf dem rauhen Boden auf.

 

Collins riß den Kopf nach oben, alarmiert durch den Knall des Schusses. Er sah seinen Freund fallen, von einem Moment auf den anderen bewegungslos auf dem Boden liegen, seine Arme und Beine wie die Gliedmaßen einer fallengelassenen Puppe ausgestreckt.  

 

Craig hatte keine Zeit darüber nachzudenken, was mit Lew geschehen war, denn eine Kugel zischte haarscharf an seinem Kopf vorbei. Ein Mann mit einem Gewehr in der Hand rannte auf ihn zu, stoppte, zielte und schoss erneut. Craig fühlte Panik in sich aufsteigen, aber dann setzte sein jahrelanges SHADO-Training ein. Er wußte, daß er allein mit seinem Messer keine Chance gegen einen bewaffneten Mann hatte. So blieb ihm als einziger Weg nur die Flucht die Klippen hinunter in der Hoffnung, daß ihm der Verbrecher nicht würde folgen können.

 

Ein Überhang stoppte schließlich seine wilde Flucht. Im Bruchteil einer Sekunde wurde ihm klar, daß es keinen Weg weiter nach unten gab. Er blieb stehen und blickte verzweifelt zur Felskante zurück, wo er bereits die Geräusche seines Verfolgers hören konnte. Arme und Schultern des Mannes wurden sichtbar, der Gewehrlauf schob sich über die Kante und richtete sich auf ihn.  

 

Craig sprang um sein Leben. Seine Hände umfassten den dünnen Stamm eines jungen Drachenbaumes, der zwischen den Felsspalten wuchs. Doch der Baum konnte Craigs Gewicht nicht halten und mit einem lauten Knack brach der Stamm entzwei. Craig rutschte über den Felsen, verzweifelt bemüht, sich an irgend etwas festzuhalten, was ihm hätte Halt geben können. Aber da war nichts, was seinen Sturz aufhalten konnte. Nach einigen Metern freien Falls, der ihn mehrfach gegen den Felsen schleuderte, schlug sein Körper auf dem Boden auf.

 

X  X  X

 

Lew erwachte vom Geräusch eines Schusses. Irgendwas stimmte nicht. Er lag auf dem Bauch, sein Kopf schmerzte zum Zerbersten. Er konnte sich nicht erinnern, was passiert war. Er fühlte etwas Nasses über sein Gesicht rinnen und versuchte, die Hand zu heben, um es wegzuwischen. Aber er konnte es nicht. Mehr als seine fehlende Erinnerung erschreckte ihn die Tatsache, daß er sich nicht bewegen konnte, weder Arme oder Beine noch seinen Kopf. Er war komplett betäubt, nur seine Sinne funktionierten noch. Nur zu gut hatte er den Schuß gehört und fürchtete, daß Collins das Ziel gewesen war.

 

„Carl, hast du ihn erwischt?“ Eine männliche Stimme in seiner Nähe schreckte ihn aus seinen Gedanken. Der Besitzer der Stimme schob einen Fuß unter seinen bewegungslosen Körper und drehte ihn um. Lew fühlte die warmen Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht und hielt unwillkürlich den Atem an, als der Mann sich neben ihn hockte und ein Augenlid nach oben schob.

 

„Ja und nein, er fiel die Klippen hinunter, weißt Du,“ antwortete eine zweite Stimme, langsam näherkommend. Lew fiel der leichte englische Akzent des Mannes auf. „Habe ihn unten liegen gesehen, halb von den Felsen verborgen.“

 

„Und?“

 

„Und er hat offensichtlich ein gebrochenes Bein. Es lag verdreht, in einem merkwürdigen Winkel, blutete durch den Stoff seiner Hose.“

 

„Und?“ Der erste Mann begann, Lews Taschen zu durchwühlen. „Erzähl schon, was war mit dem Schuß?“

 

„Ach das... ich dachte, selbst wenn er den Sturz überlebt hat, sollte er keine Chance haben, zurückzuklettern. So habe ich ihm eine Kugel ins andere Bein verpasst. Er hat gar nicht reagiert, ich hoffe, er ist schon tot. Hat sic hvielleicht den Hals gebrochen.“ Er trat Waterman in die Rippen. „Was ist mit diesem Typen hier?“

 

„Tot. Kopfschuß. Häßliche Wunde über der Schläfe, keine Austrittswunde, vielleicht ein Querschläger. Er hat eine Ausweiskarte dabei, die sagt, er sei Captain einer Organisation namens SHADO. Hab’ nie davon gehört, klingt aber irgendwie offiziell, militärisch. Ich glaube, wir sollten lieber schnell verschwinden.“

 

Lew versuchte, seine Atmung so flach wie möglich zu halten und unterdrückte seinen Drang zu husten. Er wollte keinen Hinweis darauf geben, daß er noch lebte.

 

„Ja, das sollten wir wohl. Laß uns unsere Geschäfte erledigen und dann abhauen, bevor jemand diese Kerle hier vermißt.“ Hans zog an Lews Ärmel. „Willst du ihn über die Klippen hinunter zu seinem Kameraden werfen?“

 

„Nein, bist du verrückt? Schau dir all das Blut an, meinst du, ich will meinen Armani-Anzug ruinieren? Lassen wir ihn hier liegen. Wir nehmen nur ihr Gepäck mit zur Station und verbrennen später alles zusammen.“

 

Der Engländer ließ Lews Arm los und drehte ihn auf den Bauch. „Sonst nichts mehr in seinen Taschen? Geld? Drogen? Damn...“

 

Der andere grinste. „Ich dachte, Drogen wären unser Geschäft? Ah, ich kann einen Rotor hören. Muß dein Helikopter sein. Vergiß den Captain und komm. Nimmst du Juan mit dir nach Blackpool oder fliegst du zuerst nach ....“

 

Ihre Stimmen entfernten sich und Lew war allein. Nach einigen Minuten wagteer es, seine Augen zu öffnen. Getrocknetes Blut hatte sein linkes Auge verklebt und er mußte einige Male blinzeln. Übelkeit traf ihn wie ein Hammer und er übergab sich. Der Druck in seinem Kopf wurde mit jedem Würgen schlimmer. Ein greller Blitz fuhr durch seinen Kopf und er verlor das Bewußtsein, nicht wissend, ob der gellende Schmerzensschrei von ihm selbst oder jemand anderem stammte.

 

X  X  X

 

Craig Collins presste beide Hände um sein rechtes Bein, direkt über der Stelle, wo der Schienbeinknochen aus dem Fleisch stach. Der unerträgliche Schmerz raubte ihm den Atem. Er lag auf dem Rücken und hoffte, der furchtbare Schmerz würde nachlassen. Aber das tat er nicht.

 

Er versuchte, sich zusammenzukauern, in eine erträglichere Position zukommen, aber der Schmerz in seinem Bein ließ ihn in wieder zurückfallen. Er presste seine Augen zusammen und begann, sich auf seine Atmung zu konzentrieren. Wie oft hatte SHADO ihn und die anderen Piloten für solch einen Ernstfall trainiert. Sogar während der letzten Trainingseinheit mit Foster war die wichtigste Aufgabe gewesen, ruhig zu bleiben und die Situation zu analysieren.

 

Craigs unregelmäßiger Atem beruhigte sich langsam und er lockerte den Griff um seinen Unterschenkel. Vor Anstrengung zitternd setzte er sich auf und lehnte sich gegen die kalte Oberfläche des Felsbrockens. Sein Gesicht war schweißgebadet. Der Schmerz biß rasierklingenscharf in sein Bein, sofern er sich auch nur ein wenig bewegte. Er biß die Zähne zusammen und versuchte, in seine Hosentasche zu fassen. Er erinnerte sich an die Packung Schmerztabletten, das einzige Medikament, daß die medizinische Abteilung ihnen für den Notfall mitgegeben hatte.

 

Schließlich fand er die Packung. Seine Hände zitterten, als er sie öffnete. Craig drückte mehrere der Tabletten aus der Plastikhülle und schob sie in den Mund. Er versuchte, sie herunterzuschlucken, aber sein Mund war zu trocken. Er begann zu würgen und spuckte sie wieder aus. Schließlich gelang es ihm, die Pillen einzeln zu verschlucken. Craig schloss seine Augen wieder und wartete auf den Moment, an dem die Schmerzen nachlassen würden. Er mußte einen Weg die Klippen hinauf finden, um zu sehen, was mit Lew passiert war. Er mußte schauen, ob Lew noch am Leben war. Er mußte... Das Morphin begann, ihn einzulullen und er schlief ein.

 

X  X  X

 

 Als Lew aus seiner Bewußtlosigkeit wieder erwachte, war das erste Geräusch,das er wahrnahm, das Knattern eines Hubschraubers. Er fühlte sich schlecht. Der Kopfschmerz hatte ein wenig nachgelassen, aber alle seine Sinne schienen ihn nur noch durch eine dicke Schicht Watte zu erreichen. Er konnte hören, aber die Schreie der Seemöwen und das Geräusch der Brandung klangen weit entfernt. Er konnte sehen, aber seinen Blick nicht auf einen Punkt konzentrieren. Lew blieb still liegen, die Eindrücke über sich hinwegrollen. Plötzlich roch er Rauch, der von einer leichten Brise über die Insel zu ihm hinübergetragen wurde.

 

Verwirrt zog er sich an der Felswand hoch. Er starrte zur Station. Dicker Qualm quoll aus der Hütte und sogar von seiner Position aus konnte er dieF lammen erkennen, die aus dem hölzernen Dach schlugen. Seine einzige Hoffnung, SHADO zu erreichen und schnell Hilfe zu holen, hatte sich soeben auf Null reduziert.

 

Lew wendete sich ab und begann in die Richtung zu gehen, wo er seinen Freund zuletzt gesehen hatte. Mit unsicheren Schritten stolperte er über den unebenen Boden und versuchte, nicht die Balance zu verlieren und seinen Kopf nicht mehr als nötig zu bewegen. Er stoppte einige Meter vor dem Abgrund und ließ sich auf die Knie nieder. Das letzte Stück kroch er, nicht wissend, was ihn hinter dem Abgrund erwarten würde. Sein Blick fiel hinunter, über graue Findlinge auf dem schwarzen Sand entlang der Wasserlinie, bis er plötzlich einen blonden Haarschopf zwischen den Klippen entdeckte. Lew versuchte, seinen Blick zu schärfen. Er ignorierte den beginnenden Schmerz über seiner Schläfe. Ja, es war Craig, auf den er hinunterblickte.

 

„Craig? Craig!“ schrie Lew, aber er bekam keine Antwort. Craigs Oberlörper lehnte gegen einen Felsen, und sogar von hier aus konnte Lew den dunkelroten Fleck auf Craigs verdrehtem Unterschenkel erkennen. Eine vage Angst beschlich ihn. Was, wenn Craig tödlich verletzt worden war und dort unten nur noch sein lebloser Körper lag?

 

Lew richtete sich auf. Er mußte einen Weg hinunter durch die Klippen finden um zu sehen, ob sein Freund noch lebte, ob er ihm helfen konnte. Er brauchteein Seil und sicher einen Erste-Hilfe-Koffer, aber er wußte nur zu gut, daß ihre gesamte Ausrüstung mit der zerstörten Station verbrannt war.

 

Lew stoppte an der Felskante. Die Sonne stand bereits tief am Horizont und hatte ihre Wärme verloren. Er vermutete, daß die Dämmerung in einer Stunde da sein und all seine Bemühungen, Craig zu helfen, zunichte machen würde. Er mußte sich beeilen.

 

Der Weg hinunter erwies sich schwieriger als Lew angenommen hatte. Der Pfad fiel steil ab und er mußte einen Umweg um den Felsen in Kauf nehmen, über den Craig hinuntergestürzt war. Sogar der Weg entlang der schlüpfrigen Felsen am Strand verlangte ihm alles ab und er rang nach Luft, als er Craig endlich erreicht hatte. Für einen Moment stand er still. Weiße Sterne tanzten vor seinen Augen und ihm wurde schwindelig. Er berührte die Wunde an seinem Kopf und fühlte frisches Blut an seiner Schläfe hinabrinnen. Lew griff nach seiner Wasserflasche, die an einem Trageband um seinen Hals hing und nahm einen tiefenSchluck. Aber es war nicht an der Zeit,  jetzt  Pause zu machen. Er wußte, Craig brauchte ihn.

 

Sein Kamerad hatte sich nicht bewegt, sein Kopf lehnte am Felsen, die Augen geschlossen.

 

Lew beugte sich zu ihm und berührte ihn an der Schulter. „Craig, kannst du mich hören?“

 

„Ja.. Lew, um Himmels willen“, stöhnte Craig und bewegte sich ein wenig. „Hilf mir ... bitte...  das Bein...“

 

Seine blauen Augen trafen für einen Moment Lews, dann deutete er ächzend auf seinen gebrochenen Unterschenkel. Lew nickte und kniete sich neben Craig. Es sah nicht gut aus. Der untere Teil des Beines war verdreht und Lew konnte den Knochen sehen, der eine Handbreit unterhalb der Kniescheibe durch den schmutzigen Stoff ragte

 

„Mein Gott,“ stöhnte Lew und sah seinen Freund an. „Ich müsste das fixieren, um dich in Sicherheit zu bringen, aber du würdest den Schmerz nicht überstehen. Und ich habe kein Schmerzmittel für dich.“

 

Er erhaschte einen Blick aus Craigs glänzenden Augen und zog eine Augenbraue hoch. „Aber du hast,“ konstatierte er.

 

„Ja, ich nahm welche ... vorhin. Morphin.“ flüsterte Craig. „Konnte ... den Schmerz nicht mehr... länger aushalten...“ Seine Stimme brach und sein Kopf rollte zur Seite.

 

Tiefe Besorgtheit durchzog Lew und er berührte Craigs Stirn. Die Hitze traf seine Finger. Oh nein, nicht auch das noch ...

 

„Komm, mein Freund,“ Lew schüttelte den schlaffen Körper, „bleib bei mir. Ich kann nicht die ganze Arbeit allein machen. Bleib wach.“

 

Er zog sein Sweatshirt aus und legte es zusammengerollt unter Craigs Kopf.  

 

„Hör mir zu. Ich gehe und suche irgend etwas, mit dem ich dein Bein schienen kann. Warte hier.“

 

Während Lew damit begann, den Strand nach nützlichen Dingen abzusuchen, folgte ihm Craigs verschleierter Blick. „Wohin sollte ich schon gehen?“ murmelte er, als Lew mit seinem Fund zurückkehrte. Der größere Mann lächelte ihn aufmunternd an und sortierte die Gegenstände auf dem Boden. Dann zog er seine Schuhe aus, öffnete die Knöpfe seiner Hose und zog sie aus. Craig warf ihm einen verwunderten Blick zu.

 

„Was tust du?“ murmelte er.

 

„Wir haben keinen Verbandsstoff für deine Verletzungen und ich werde die hier dafür nehmen müssen.“

 

Lew griff nach seinem Messer. Er begann, den Stoff zu zerschneiden und ihn in schmale Streifen zu reißen.  

 

„Gib mir deine Hände, ich möchte sie kurz fesseln.“

 

„Für was?“ fragte Craig verwirrt.

 

„Ich möchte dich hier an dem Felsen festbinden, solange ich dein Bein einrichte. Du darfst dich nicht bewegen, ich möchte nicht noch mehr Schaden anrichten.“

 

Craig fröstelte. „Das wird wehtun...“ Seine Stimme klang undeutlich.

 

„Ja, das wird es. Es tut mir leid, aber ...“ Lew stand auf und kehrte Sekunden später mit einem kleinen Stück Holz  zurück. „Das wird dir helfen. Mach den Mund auf.“

 

„Was?“ Craig schaute Lew mit einem verwundertem Ausdruck an.

 

„Erinnerst du dich denn nicht?“ antwortete Lew und grinste ihn an.  „Warst nicht du es, der Cowboy und  Indianer spielen wollte? Dann öffne jetzt deinen Mund und beiße auf das Holz.“

 

Craig schloss seine Augen. „Okay, dann beginne mit deiner Folter, großer Schamane...“

 

X  X  X

 

 Lews Hände zitterten vor Anspannung, als er die letzte Bandage rund um Craigs Schienbein befestigte. Sein Kamerad lag ohnmächtig am Boden. Er hatte sein Bewußtsein verloren, als Lew den Bruch in die richtige Stellung zurückgedreht hatte. Sein Blut hatte das Stück Jutestoff, das Lew unter seinem Bein ausgebreitet hatte, durchtränkt. Lew atmete erleichtert auf, als er feststellte, daß die Blutung nun endlich gestoppt hatte.

 

Er legte seine Hand auf Craigs heiße Stirn. Lew hatte gesehen, daß sich die Wunde entzündet hatte. Ihm war bewußt, daß Craig so schnell wie möglich medizinische Hilfe brauchte, aber es gab nichts, was er im Moment für ihn tun konnte. Er schraubte den Verschluß der Wasserflasche ab und benetzte Craigs Lippen mit ein paar Tropfen. Craig seufzte, wachte aber nicht auf.

 

Lew machte sich Sorgen über Craigs Zustand, insbesondere über sein Bein. Er hoffte, die Verletzung würde nicht so schwer sein, daß sie ihm den Job als Pilot bei SHADO kosten würde.  Aber es gab noch eine zweite Sache, um die er sich kümmern mußte.

 

Er zerriß den Stoff über Craigs linkem Bein.

 

„Bastarde“, zischte er. Gottseidank hatte die Kugel nur die äußere Seite des Oberschenkels gestreift. Lew begann, die Wunde mit ein wenig frischemWasser zu säubern.  

 

‚Da hat er noch Glück gehabt unter diesen Umständen’, dachte Lew und befestigte den Verband. Als er fertig war, lehnte er sich entkräftet zurück und barg den Kopf in seinen Händen. Die Kopfschmerzen waren wieder stärker geworden und er presste die Augenlider zusammen. Ein Feuerwerk von leuchtend bunten Raketen explodierte in seinem Kopf und ein inneres Kreischen betäubte seine Ohren. Er drückte die Hände gegen seine Schläfen. Schwindel erfasste ihn, aber er weigerte sich, ihm nachzugeben. Er mußte wach bleiben, über seinen Kameraden wachen, Hilfe für ihn holen.  Aber alle Anstrengungen waren nutzlos, seine Sinne schwanden und er glitt in die Welt zwischen Wirklichkeit und Traum.

 

Er glaubte sich an den Tag vor zwei Jahren zurückversetzt, als Craig und er sich zum ersten Mal getroffen hatten. Er selbst war schon Captain des Skydivers gewesen und Craig sollte seinen ersten Einsatz als Sky-Pilot auf seinem Schiff ableisten. Vom ersten Moment an war Lew der Newcomer an Bord sympathisch gewesen und schnell schlossen sie Freundschaft, spielten Schach zusammen oder diskutierten während ihrer Freiwachen über Segelschiffe oder Motorräder. Dann wechselte der Traum; Lew sah sich selbst im offenen Meer driften, mehr tot als lebendig, nur knapp einem sinkenden U-Boot entkommen. Craig hatte nach ihm gegriffen, die Arme um seine Schultern geklammert und ihn an die Meeresoberfläche gezogen, ihn vorm Ertrinken gerettet.

 

Der Traum entglitt ihm und Lew wachte nach Luft ringend auf. Er wußte nicht, wo er war und was passiert war. Die Sonne war bereits halb hinter der schmalen Linie zwischen Himmel und Meer verschwunden und eine zunehmende Dunkelheit bedeckte die Küste. Lew warf einem Blick zu Craig hinüber. Sein Freund zitterte, während er zwischen Ohnmacht und Wachsein hin- undherdriftete, begleitet von mühsamen Atemzügen und unterdrücktem Ächzen.

 

„Lew... Lew?“

 

Waterman beugte sich zu seinem Freund hinüber und berührte behutsam seine heiße Wange. „Ich bin da. Bist du durstig?“

 

Craig schüttelte den Kopf. Sein fiebrig glänzender Blick suchte Lews Augen.

 

„Nein... mir ist kalt ... so kalt.“ Das Zittern begann erneut. Lew legte seine Arme um seinen Kameraden und zog ihn an seinen Körper. Er begann, ihm über den Rücken zu streichen, um ein wenig Wärme in seinen Körper zu bekommen. Plötzlich erstarrte Craig.

 

„Nein, Lew... ein Alien...paß auf ... er hat ein Gewehr.“  

 

Mi tüberraschender Kraft holte er aus und stieß Lew bis zu den Felsen zurück. Er versuchte, auf die Füße zu kommen und schrie auf, als eine verletzten Beine unter ihm einknickten. Er schlug hart auf den Boden. Lew griff nach ihm.

 

„Craig, bitte! Keine Aliens hier, ich bin es nur, Lew,“ versuchte er, seinen Kameraden zu beruhigen und drückte ihn an sich, Craigs heißes Gesicht an seine kalte Brust gelehnt. „Bleib ruhig, sonst tust du dir selbst nur weh.“

 

Craig wehrte sich, wand sich in Lews Armen und kämpfte gegen seinen unnachgiebigen Griff, dann ließ sein Widerstand nach. Er hob seinen Kopf.

 

„Ich dachte, sie hätten dich entführt... die Aliens.“

 

„Ich versichere dir, es sind keine Aliens hier,“ antwortete Lew und lächelte ihn an. „Und das einzige fliegende Objekt, was ich sehen will, ist Freemans Helikopter.“ Und mit einem besorgten Blick auf seinen Freund fügte er leise hinzu: „Und das so schnell wie möglich.“

 

Er fühlte den lähmenden Schmerz in seinen Kopf zurückkehren und glitt zu Boden.

 

X  X  X

 

Ein Rütteln an seiner Schulter brachte ihn zurück. Er kämpfte, um aus der Dunkelheit zu erwachen und schaffte es endlich, die Augen zu öffnen. Ein blendendes Licht ließ ihn blinzeln, aber der Griff ließ nach.

 

„Lew, wach auf ... das Licht... sie kommen,“ flüsterte Craig mit angstvoller Stimme und umklammerte Lews Arm. Er versuchte, seinen Freund aus dem Licht zu ziehen. Lew war von einem auf den anderen Moment hellwach. Durch die Brandung konnte er das Geräusch eines Bootsmotors hören. Was um Himmels Willen ging hier vor?

 

„Halten Sie durch, Captain, wir sind in einer Minute bei Ihnen,“ gab eine Megaphonstimme bekannt, während der Lichtkegel vom Zodiac aus die beiden Männer im Blick hielt.

 

„Nein, laß sie uns nicht bekommen, sie sind Aliens.“ Craigs schriller Schrei und seine Bemühungen, wegzukriechen, erinnerten Lew wieder an die Verletzungen seines Freundes und an sein hohes Fieber. Er versuchte, Craig festzuhalten, um ihn zu beruhigen und ihm zu sagen, daß er in der Megaphonstimme die von Alec Freeman erkannt hatte, aber Lew schaffte es nicht einmal, auch nur eine Hand zu bewegen.

 

Das Zodiac lief auf den Strand und Dr. Jackson sprang heraus. Er rannte zu der Stelle, an der Craig lag und lehnte sich über ihn. Er begann in seiner professionellen Art,  Collins Lebenszeichen zu prüfen. „Was ist mit Ihnen passiert, Lew?“ fragte er, während er seine Tasche öffnete, um eine Spritze und eine Ampulle herauszunehmen. Colonel Freeman trat zu ihnen und drückte Lews Schulter.

 

„Ich glaube, wir haben eine Drogenbande bei ihren Geschäften gestört. Sie verfolgten uns, schossen auf uns und Craig fiel die Klippen hinunter. Er hat eine offene Fraktur an seinem rechten und einen Streifschuß an dem anderen Bein, Doktor.“

 

„Oh, ich sehe es, ich sehe es,“ murmelte Jackson. Er winkte zu den anderen Männern des Landungstrupps hinüber. „Holen Sie die Trage und bringen Sie Colonel Collins ins Boot. Was ist mit Ihnen, Captain, benötigen Sie Hilfe?“

 

„Ich werde ihm helfen. Kümmern Sie sich um Collins,“ ordnete Freeman an.  Er reichte Lew seine Hand und führte ihn zu dem wartenen Schlauchboot zurück, während die anderen die Trage brachten, begleitet von Dr. Jackson, der einen Infusionsbeutel hochhielt.

 

Während das Boot Geschwindigkeit aufnahm, drehte sich Colonel Freeman zu Lew um. „Halten Sie noch ein bißchen aus, der Helikopter wartet am Strand weiter unten auf uns.“

 

„Sie kommen gerade noch rechtzeitig,“ antwortete Waterman. „Alec, sagen Sie mir, wer hat Ihnen gesagt, daß wir Hilfe brauchten?“

 

Freeman grinste. „Das haben Sie Paul Fosters Neugier zu verdanken. Er benutzte die Kamera eines der Wettersatelliten, um sich Ihre Fortschritte auf der Insel anzuschauen. Dann entdeckte er die brennende Station und informierte mich. Wir nahmen den Helikopter und als wir die Insel erreicht hatten, scannten wir Ihre Peilsender und ....“

 

„Welche Peilsender?“ unterbrach ihn Lew erstaunt.

 

„Die in Ihren Wanderschuhen. Dr. Jacksons Idee.“

 

Der Doktor sah für einen Moment auf und der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht. „Ja, das ist richtig. Peilsender in den Absätzen Ihrer Schuhe. Für Notfälle.“ Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinenPatienten.

 

Waterman zog die warmen Decken um sich enger und lehnte sich zurück. „Für Notfälle“, wiederholte er. „Natürlich. Für was sonst?“

 

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -  ENDE TEIL EINS - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 

 

Teil 2: Freunde bleiben Freunde

Lew Waterman öffente die Eingangstür des Northern Health Centers. Er war spät dran, weil sich sein Flug von der Mondbasis verzögert und ihn die Fahrt durch Glasgow mehr Zeit als erwartet gekostet hatte.

 

Er nahm zwei Stufen auf einmal, als er hinauf in den drittenStock eilte. Er hoffte, Craig Collins dort zu finden. Es waren gerade erst zwei Tage vergangen, seit Craig von seinem Arzt  Dr. Adams die Nachricht erhalten hatte, daß er heute die Rehastation verlassen durfte.

 

Craig lehnte an der Wand und flirtete mit einer jungenSchwester, als Lew um die Ecke bog. „Hallo Craig. Wollen die Ärzte dich endlich loswerden?“ Lew grinste und umarmte seinen Kameraden.

 

Craig lachte und schlug ihm auf die Schulter. „Ja, stell dir vor! Ich hätte es auch keine Sekunde länger ausgehalten. Drei Monate, zwei Wochen und sechzehn Stunden auf dieser Folterstation, das ist mehr, als ein normaler Mensch aushalten kann.“ Er griff nach seiner Gehhilfe und deutete zur Treppe. „Los, laß uns verschwinden. Auf Wiedersehen, Cathy, Sie haben meine Handynummer, rufen Sie mich an, wann immer Sie sich einsam fühlen.“

 

„Das war klar, ohne Flirten geht’s einfach nicht bei dir. Was ist mit deinem Gepäck?“ fragte Lew, als sie hinuntergingen. „Ist dieseReisetasche alles, was du mitnimmst?“

 

„Ja, für die nächsten paar Tage reicht sie. Und die Klinik will mir später mein Gepäck nach Hause senden.“

 

„Und die Gehhilfe? Brauchst du sie noch?“

 

Craig schaute Lew an und schüttelte den Kopf. „Nein, eigentlich nicht. Dr. Adams hat mir empfohlen, es ab jetzt ohne Krücken zu versuchen. Ich nehme sie nur mit als Erinnerung an die schlimmsten Monate, die ich in den letzten Jahren erlebt habe.“

 

Nachdem sie die Tasche im Kofferaum von Lews Wagen verstaut hatten, verließen die beiden Piloten das Gelände des Erholungscenters und fädelten sich in den Verkehr Richtung Westen. Craig lehnte sich zurück.

 

„Neues Auto? Seit wann fährst du denn einen Audi?“ SeineFinger glitten über das Armaturenbrett und drückten probeweise auf einen Knopf. Ein erstauntes „Oh“ entfuhr ihm, als sich ein kleiner Bildschirm aus der Verkleidung hob.

 

Waterman grinste. „Klasse, was? Ich habe diesen Q 5 vor drei Monaten gekauft, brandneu. Mein alter Ford hatte seinen Geist aufgegeben undich brauchte einen Offroader, mit dem ich in die Berge fahren kann. Wie findest du ihn?“

 

„Nicht schlecht. Wie schnell ist er? 200?“

 

„Noch schneller, 220 laut Anleitung. Aber viel beeindruckender ist der FSI Motor mit einer siebenstufigen Tiptronic mit DSP und Sportprogramm,  neben dem  permanenten quattro-Antrieb. Nicht zuvergessen ...“ Er hielt inne, als er bemerkte, daß Craig ihn mit offenem Mund anstarrte.

 

„Liebe Güte, hast du deinen Job bei SHADO aufgegeben und bist jetzt Verkäufer für SUVs?! Aber dieses Auto scheint wirklich ein Kraftpaket zu sein, können wir es übers Wochenende einmal richtig ausfahren?“

 

„Und ob wir das tun werden,“ antwortete Lew und gab Gas. Der Vierzylinder schnurrte wie eine Katze, als der Fahrer auf die Überholspur wechselte und an den anderen Fahrzeugen vorbeizog. Craig streckte sein verheiltes Bein aus und lehnte seinen Kopf an die Kopfstütze. Das erste Wochenende in Freiheit nach so vielen im Erholungscenter. Zwei Tage voll Meeresluft, Wind und Wetter lagen vor ihm nach hunderten in Schmerz, Schweiß und Anstrengungen - fast unglaublich. Er schloß seine Augen und ließ sich von den Geräuschen des Motors und des Radios ablenken.

 

Einige Zeit später hielt Lew den Audi vor einem hübschen Backsteinhaus. „Aufwachen, wir sind da.“

 

Craig unterdrückte ein Gähnen und kletterte aus dem Auto. „We lange habe ich gedöst?“

 

„Nahezu zwei Stunden, du Murmeltier. Also, dies ist mein Haus.“ Lew nahm Craigs Reisetasche und öffnete die Gartenpforte. „Komm rein. Willst du einen Kaffee?“

 

Craig nickte. „Das klingt gut. Laß mich zuerst ein wenig umsehen.“ Er folgte einem schmalen Pfad den Zaun entlang bis zu einem Platz, wo die anderen Gebäude einen phantastischen Blick zum Hafen hinunter erlaubten. Craig setzte sich auf die hölzerne Gartenbank und entspannte sich. Die Sonnenstrahlen der Septembersonne fielen durch die Blätter eines Baumes und zeichneten Muster auf den Rasen, welche sich bei jedem Windstoß bewegten und neu formierten. Craig schloß die Augen. Er fühlte sich zuhause.

 

„Craig, wach auf.“ Lew setzte sich neben seinen Freund und reichte ihm einen dampfenden Kaffeebecher.

 

„Du hast es nett hier,“ brummte Craig und probierte vorsichtig einen Schluck. „Seit wann lebst Du eigentlich in Sandbank?“

 

Lew lehnte sich zurück und dachte kurz nach. „Seit einigen Jahren. Ich habe das Haus gekauft, als Straker mich zum Skydiver Captain beförderte. Ich brauchte einen Ort nahe an der Base und dieses Haus stand zum Verkauf.“

 

Er leerte seine Tasse und erhob sich. „Ich werde dir das Gästezimmer zeigen und den Rest vom Haus, wenn du willst. Und dann können wir hinunter zum Hafen gehen und dort in einem der Fischrestaurants zu Mittagessen. Einverstanden?“

 

X X X

 

Sie kehrten erst am späten Nachmittag zurück. Craig ließsich auf das Sofa fallen. „Mein Bein bringt mich um,“ stöhnte er. „und ich habe einen Sonnenbrand auf dem Kopf.“ Er fuhr sich durch sein drahtiges Haar und seufzte.

 

Lew grinste und stülpte ihm eine Baseballkappe über. „Hier. Habe ich dir nicht gesagt, daß du sie aufsetzen solltest? Was ist mit deinem Bein?“

 

„Schmerzt. Ich bin nicht mehr so fit wie vor der Sache auf der Insel.“ Craig strich sich über den Bauch und rülpste. „Und ich brauche jetzt unbedingt eine Pause nach dem Essen.“

 

„Das überrascht mich nicht. Zwei Portionen Cranachan? Ein bißchen viel, selbst für dich.“ Lew reichte ihm eine Coke. „Also heute abend keinen Kneipenbummel in Glasgow?“

 

„Um Gottes Willen, nein. Ich würde lieber hier bleiben, mit einem einfachen Abendessen und einem Drink. Ich habe eine Flasche guten schottischen Whisky von Glasgow mitgebracht, weißt du. Aber laß mich jetzt zuerst nach meinem Bein sehen.“

 

Lew nickte. „Einverstanden. Und ich bereite schon einmal das Abendessen vor.“

 

Craig kam in Shorts aus seinem Raum zurück, seine Hose und eine Tube Salbe in der Hand. Er folgte Lew in die Küche. „Perfekt,“ antwortete er und ließ sich auf einem Stuhl nieder. Er legte sein Bein auf den anderen Stuhl. „Ich dachte mir, du willst dir ansehen, wie die Arbeit der Ärzte ausgefallen ist?“

 

„Ja, zeig her.“ Lew beugte sich über Craigs Bein. Nur zu gut erinnerte sich an den offenen Bruch und wie schlimm die Verletzung ausgesehen hatte, nachdem er den Unterschenkel in die urspüngliche Stellung zurückgedreht hatte. Die gezackte Narbe über dem Knochen war verheilt, auch wenn sie noch dunkelrot leuchtete. Die Stellen, wo der Fixator Craigs Bein stabilisiert hatte, waren kaum noch zu sehen. Wenn Lew nicht die Metallstäbe, die aus Craigs Unterschenkel herausgeragt hatten, gesehen hätte, würde er nicht wissen, woher die kleinen blaßroten Stellen eigentlich stammten. „Nicht schlecht,“ meinte er. „Tut das noch weh?“

 

„Ich halte es aus“, antwortete sein Freund. „Der Doktor sagte, ich solle die Salbe jeden Tag benutzen, um die Haut geschmeidig zu halten. Die Wunde über deiner Schläfe sieht jedenfalls wesentlich besser aus. Keine Narbe zurückgeblieben, die stören könnte, ich meine, deinem guten Aussehen.“ Er krümmte sich zusammen, als sein Freund ihm spielerisch in die Seite boxte und feixte.

 

„Apropos gutes Aussehen. Was ist mit deinem Bart, bleibt der dran?“ fragte Lew und deutete auf die kratzigen Stoppeln in Craigs Gesicht. „Wir haben am Montag einen Termin bei Commander Straker.“

 

„Ich rasiere ihn ab, bevor wir fliegen. Um wieviel Uhr hast du uns denn für Sonntag gebucht?“

 

„16 Uhr, genug Zeit, um dich wieder in einen anständigen Zustand zurückzubringen. Und jetzt raus aus meiner Küche, ich möchte Essen vorbereiten, ohne daß ein halbnackter Kerl hier herumlungert.“

 

X X X

 

Miss Ealand legte den Hörer auf. „Der Commander erwartet Sie, bitte fahren Sie hinunter.“

 

„Danke, Miss Ealand“, antwortete Waterman. Das Schild über dem verborgenen Fahrstuhl wechselte in „Bitte eintreten“ und die automatischenTüren glitten auseinander.

 

„Einen Moment, Colonel Collins. Ich möchte Ihnen noch sagen, daß ich sehr froh bin, Sie wieder im Dienst zu sehen.“

 

Craig schaute sie lächelnd an. „Danke, das ist sehr nett von Ihnen. Und ... nach sieben Monaten ist es gut, wieder zurück zu sein.“

 

Lew hätte schwören können, daß sich über Miss Ealands Wangen ein roter Hauch gelegt hatte bei Craigs Worten, aber die Türen schlossen sich hinter ihnen und Lew konnte Strakers Sekretärin nicht mehr sehen. Er aktivierte den Stimmencontroller und drehte sich zu Craig um. „Ich glaube, du hast wieder ein Herz gewonnen“, frotzelte er, während sich der Aufzug  in Bewegung setzte.

 

„Quatsch, auf keinen Fall. Nicht Miss Ealand. Sie würde niemals etwas zwischen sich und ihren Boss kommen lassen.”

 

„Sie und Straker? Glaubst du, die haben was miteinander?“

 

Craig schüttelte den Kopf. „Nein, das habe ich nicht so gemeint. Sie bewundert Ed, aber nur als ihren Vorgesetzten.“

 

Die Aufzugtür öffnete sich auf der Etage des Hauptquartiers von SHADO. Sie durchquerten den Kontrollraum und betraten dann Strakers Büro.

 

Der Commander erhob sich und umrundete seinen Schreibtisch.„Craig, schön, dich wieder hier zu haben. Du siehst fabelhaft aus!“

 

Er drückte Collins Hände und strahlte über das ganze Gesicht. In den letzten Monaten hatte er oft bezweifelt, daß er seinen alten Freund jemals wieder im Dienst würde begrüßen können. Dr. Jacksons medizinische Berichte über Craigs Fortschritte waren anfangs alles andere als positiv ausgefallen. Aber trotz der negativen Prognosen hatte er auf Craigs Dickköpfigkeit gehofft, die ihn antreiben würde zu genesen. Und nun stand er hier.

 

„Hallo Lew, setzen Sie sich, ich möchte mit Ihnen den nächsten Einsatz besprechen. Craig, du auch. Ich möchte dich so schnell wie möglich wieder in den Dienst zurückholen. Du wirst in den nächsten Wochen mit Captain Waterman zusammenarbeiten. Ich will euch beide als technische Experten für den neuen Skydiver, der in unserer Base am Holy Loch gebaut wird.  Craig, deine Aufgabe wird es sein, den Einbau der Waffensysteme zu managen, während Sie, Lew, als leitender Offizier für die Funkionalitäten des U-Boot zuständig sein werden.“

 

Waterman zog überrascht die Augenbraue hoch. „Kein laufender Dienst auf meinem Diver, Sir?“

 

„Nein, Captain Carlin wird Ihren Dienst für einen Monat übernehmen. Der neue Skydiver ist wichtiger und Sie und Craig sind definitiv die am besten qualifizierten Männer, die SHADO hierfür hat. Und ich will nicht verhehlen, daß ich Craig einen weiteren Monat am Boden behalten möchte und nicht als Pilot in einem unserer Interceptors. Sie übrigens auch nicht. Nicht bevor Ihre Kopfschmerzen verschwunden sind.“

 

Waterman sah den Commander verwundert an. „Woher wissen Sie davon?“

 

Straker sah den Captain für einen Moment nachdenklich an, bevor er erwiderte: „Seien Sie versichert, daß ich eine Menge mehr weiß, als Sie vermuten. Ich habe mir Jacksons neuestes EEG von Ihnen angesehen. Versuchen Sie nicht, etwas vor ihm oder mir zu verbergen, Lew. Ich habe keine andere Wahl als Sie von allen Aufgaben als Sky Pilot zu entbinden, bis mir Dr. Jackson etwas anderes sagt.“

 

Waterman fasste sich ungewollt an die Schläfe. „Natürlich, Commander. Es tut mir leid. Ich hatte geglaubt, daß es niemand merken würde.“

 

Craig beugte sich zu seinem Freund hinüber. „Ach komm, nun mach nicht solch ein Gesicht. Überleg mal, ein paar unbeschwerte Wochen für uns, hier ein bißchen überwachen und dort neue Funktionen checken...“

 

„Es ist nicht so leicht, wie du denst, Craig,“ griff Straker ein. „Unser neuer Skydiver bekommt die neueste und beste Ausrüstung und es wird eine Menge Arbeit sein, die Programme zu installieren und zu testen. Außerdem soll es...“

 

Das Läuten des Telefons unterbrach ihn. „Straker. Ja, senden Sie Lake und Grey in den Konferenzraum. Und sagen Sie Foster, er soll dazukommen.“ Er wandte sich zu seinen beiden Besuchern. „Tut mir leid, Ihre Kollegen erwarten mich. Ich will ihnen ihre Aufgabenlisten bringen, bitte entschuldigen Sie mich einen Moment.“

 

Nachdem er das Büro verlassen hatte, schaute Lew seinen Freund genauer an. Ihm war Craigs mürrischer Blick nicht entgangen, als Straker den Namen der anderen Offiziere erwähnt hatte. „Was hast du, was gefällt dir an denen nicht?“

 

Collins zuckte mit den Schultern. „Nichts. Nur daß dort jetzt meine liebsten Kameraden beieinander sitzen. Am besten mache ich mich durch die Hintertür aus dem Staub.“

 

Lew schnaubte und schlug ihm spielerisch auf die Schulter.„Jetzt sei nicht albern. Nur weil Virginia dich verlassen und eine neue Affäre angefangen hat?“

 

„Sie hat mich wie eine heiße Kartoffel fallenlassen! Erspar mir jede weitere Diskussion über sie.“

 

„Aha, und was ist mit Foster nicht in Ordnung?“

 

„Als wenn du das nicht wüßtest. Ist er nicht ihr neuer Lover???“

 

„Nein, ist er nicht. Er hat eine andere Freundin, sie heißt Jeanne oder Jane oder so ähnlich. Ist ja auch egal, ich weiß jedenfalls, daß er nicht der neue Mann in Virginias Leben ist. Warum fragst Du nicht...“

 

Lew brachte seinen Satz nicht mehr zu Ende, weil Straker in diesem Moment zurückkam. „Tut mir leid, ich muß mich beeilen. Captain, Ihr Dienst in der Base am Holy Loch beginnt morgen um 14 Uhr. Bleiben Sie über Nacht in London?“

 

„Nein, Commander, ich werde heute abend zurückfliegen.“

 

„Und du, Craig? Deine Arbeit beginnt erst am Donnerstag. Ich hoffe, so hast du noch genug Zeit,um nach einem Hotel in der Nähe der Base zu suchen und deine Angelegenheiten zu klären.“

 

Lew unterbrach ihn. „Ein Hotel ist nicht nötig, ich habe ein Gästezimmer in meinem Haus und Craig kann es gern für die nächsten Wochen haben.“

 

Craig nickte. „Das wäre super, danke sehr. Ed, wie sind denn deine Pläne für heute abend? Was hältst du von einem gemeinsamen Essen? Bei Chez Jacques?“  

 

Starker zögerte, dann umspielte ein leichtes Lächeln seine Mundwinkel. „Warum nicht? Um acht?“

 

„Um acht!“ Craig und Lew verließen Strakers Büro und kehrten ins Erdgeschoß zurück. Lew begleitete seinen Kumpel bis zum Studioeingang. „Wir  sehen uns Mittwoch. Komm direkt zur Base und ich werde dir dort alles zeigen.“

 

X X X

 

Craig legte die Serviette auf den Teller und seufzte. „Die beste Canard a l’orange in London. Zart, aber knusprig, einfach lecker.“  Erschob den Rest der Ente beiseite und rülpste. Als er Strakers mißbilligenden Blick bemerkte, entschuldigte er sich. „Tut mir leid, aber ich platze gleich.“

 

Er leerte seinen Wein; ein guter Jahrgang, von Ed ausgesucht. Der Commander hatte sein Essen schon beendet und sich entspannt im Ledersessel zurückgelehnt, in der Hand ein Glas Brandy.

 

„Nun, Craig, ich möchte noch einmal sagen, daß ich sehr froh bin, daß du wieder zurück bist. Der neue Skydiver kann alles übertreffen, was wir bisher an U-Booten hatten, wenn wir die Lasertechnik und die neuen Computerprogramme ans Laufen bekommen. Überleg mal, der Sky könnte in drei Sekunden in der Luft  und ein UFO in weniger als zehn Sekunden abgeschossen sein. Alles was uns bisher dafür fehlte, war der richtige Experte für die Umsetzung.“

 

„Na, dann bin ich doch gerade rechtzeitig dienstfähig geworden,“ antwortete Craig mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. Er hob sein Glas Scotch und prostete Ed zu. „Du zählst sicher auch auf mein Wissen der Düsentechnik, stimmt’s? Habe eine Menge darüber gelernt, als ich mit Foster an den Interceptors gearbeitet habe.“

 

Straker nickte. “Ich weiß. Dein Wissen ist sehr wichtig, ebenso wie das von Waterman. Ich habe euch beide auch deshalb als Team vorgesehen, weil ich mir eine große Effizienz von euch erwarte. Und seid ihr nicht über die letzten Monate so etwas wie Freunde geworden?“

 

Craig hob seinen Kopf und blickte sein Gegenüber an. Nach kurzem Zögern antwortete er: „Ja. Er ist ein guter Kamerad, sehr kompetent. Vielleicht hätte ich ohne ihn auf der Insel gar nicht überlebt.“

 

„Ich teile deine Ansicht seiner Fähigkeiten. Das ist der Grund, warum ich ihn zum Captain eines Skydivers gemacht habe.“

 

„Ja. Aber da ist noch etwas anderes. Manchmal habe ich den Eindruck, als wenn er ein Geheimnis hütet. Weißt du irgend etwas über seine Familie oder über seine Vergangenheit?“

 

Straker zog eine Augenbraue hoch. „Also, wenn du irgend etwas über ihn wissen willst, frag besser ihn und nicht mich. Das ist zu persönlich, und wenn er mit dir darüber reden will, wird es es wohl tun. Ich denke, ihr werdet genug Zeit zum Reden haben und ...“

 

Das diskrete Brummen seines Handys stoppte ihn und er griff in die Tasche seines Blazers. „Entschuldige, Craig,... Straker. Nein, ich bin noch in London... Was? Ist jemand verletzt?...Hören Sie, Ford, ich bin in 30 Minuten da.“ Er unterbrach die Verbindung. „Eine UFO Attacke auf einen unserer Skydiver. Du siehst, wie wichtig dein Job mit dem neuen Skydiver für uns sein wird. Ich muß jetzt weg.“

 

Beide Männer erhoben sich. Straker legte seinen Arm auf Craigs Schulter und nickte ihm zu. „Ich werde mich um die Rechnung kümmern. Bleib noch und trinke in Ruhe aus.“ Er winkte nach dem Kellner und dann war er gegangen.

 

X X X

 

„Lew, wo bist du?“ Craig drückte auf die Knöpfe der Kabinenkameras.

 

„Noch im Jet, Craig. Ich bekomme die Navigationseinheit einfach nicht in die richtige Position. Jesus, ich geb’s auf. Was ist mit einer Pause? Ich brauche frische Luft.“

 

„Ja, das wäre gut. Komm nach oben, ich ziehe dich raus.“ Craig schaltete den Monitor aus. Ein Summen kündigte das Öffnen der Luke an und Lews schwarzer Haarschopf erschien. Craig half ihm aus der engen Röhre zwischen U-Boot Sektion und dem Jet.

 

„Ich bin hungrig, es ist schon 14 Uhr und ich hatte nur ein Frühstück. In der Kantine haben sie heute Grillhähnchen.“ Craig strich sich über den Bauch, der das Verlangen seines Besitzers mit einem lauten Knurren unterstrich. Lew grinste und deutete auf die offene Luke im Turm.

 

„Ich komme mit. Ich denke, die Crew kann sich auch allein mit dem Einbau der Maschinen beschäftigen. Und wenn wir wieder zurück sind, werde ich die Navigationseinheit in Gang bekommen. Ich kann nicht glaube, daß ich mit dem neuen Andocksystem nicht fertig werde!“

 

Sie kletterten nach oben und verließen das U-Boot über eine schmale Planke. Die SHADO Base lag an einem westlichen Meeresarm des Holy Loch. Zur Zeit wurden hier zwei neue U-Boote gebaut, eines noch im Trockendock und das andere bereits an der Pier liegend. Craig schaute zurück, während sie am Dock entlang zur Kantine gingen. Obwohl er die meiste Zeit seines Berufslebens im All zugebracht hatte, waren die letzten zwei Wochen auf der Base wie im Fluge vergangen und hatten ihn mit einer wachsenden Zufriedenheit erfüllt. Diese Aufgabe war anders als die, die er sonst zu bewältigen hatte. Er hätte nie geglaubt, daß ihm die Arbeit auf einer U-Boot Base so viel Spaß machen könnte. Hier fühlte er sich akzeptiert und nützlich; hier fühlte er sich zuhause.

 

Eine Stunde später waren sie wieder von der Kantine zurück. Craig hatte zuviel gegessen und seufzte, als er unter den Navigationstisch robben mußte. Er öffnete die Klappe zur Elektronik-verteilung und zog ein Wirrwarr von bunten Drähten heraus.

 

„Na, dann mal los. Wollen doch mal sehen, welcher uns hier Sorgen bereitet.“

 

Er begann, die Verbindungen zu prüfen. Waterman war indessen in seinen Jet zurückgekehrt und versuchte, das Problem mit der Navigationseinheit zu beseitigen. Er tauschte mehrere Steckverbindungen gegeneinander aus und plötzlich begannen die Monitore zu flackern und das System hochzufahren.

 

„Hey, Craig, ich hab’s. Es funktioniert,“ rief Lew ins Intercom. Er ließ sich auf den Pilotensitz fallen und probierte einige Schalter. Die Kontrolle des elektromagnetischen Andocksystems blinkte auf und eine sanfte Vibration lief durch den Jet.

 

„Lew? Hör sofort auf, was auch immer du gerade tust. Ich habe das Sicherheitssystem noch nicht angeschlossen und wenn du es jetzt überlädst...“

 

Waterman drosselte die Energiezufuhr und ließ das System auf Standby zurückfahren. Er kletterte zurück in die U-Boot Sektion und kniete sich neben Craig.

 

„Wie lange dauert das noch? Brauchst du Hilfe?“

 

„Ja, das wäre gut. Wenn du Morrison bekommen kannst, glaube ich, daß wir bis 16 Uhr fertig sein können.“

 

X X X

 

Als Waterman und Collins nach Hause kamen, war es schon nach 20 Uhr. Letztendlich hatten sie alle Fehlfunktionen gefunden und Lew hoffte, am nächsten Tag eine Tauchfahrt mit dem Boot machen zu können.

 

„Es ist schon zu spät, um zu kochen,“ murrte Craig, als er und Lew das Haus betraten.

 

„Ja, aber wie wäre es mit Chinesisch? Wir haben einen neuen Imbiss in Sandbank.“

 

„Klingt gut. Was willst du?“

 

„Nur Chop Suey. Aber du mußt dich beeilen, er schließt bald.”

 

„Ja, hab’s verstanden.“ Craig grinste und griff nach seinem Motorradschlüssel. Er eilte zur Tür. „Bin gleich wieder da.“

 

Dreißig Minuten später schloß Craig die Eingangstür wieder hinter sich, zwei Pappboxen in der Hand. Er durchquerte Lews Flur und steuerte das Esszimmer an.

 

„Lew? Wo bist du? Das Essen ist da.“ Er stellte die Boxen auf den Tisch und ging in die Küche. „Brauchst du Teller oder ...“

 

Er sprach nicht weiter, denn die Küche war genauso leer wie das Esszimmer. Er blieb stehen und wurde sich plötzlich der unnatürlichen Stille des Hauses bewußt. Das Fehlen jedes menschlichen Geräusches ließ ihn erschaudern.

 

„Lew?“ Er bekam keine Antwort. Eine Gänsehaut lief über seinen Rücken. Er verließ den Raum, durchquerte den Flur und betrat das Wohnzimmer. Auch hier keine Spur von Lew. Verschiedene Szenarien, was mit Lew passiert sein könnte, schossen Craig durch den Kopf. Auf den ersten Blick schien nichts durchwühlt zu sein, also kein Einbruch. Vielleicht ein Notruf von der U-Boot Base? Nein. Lew hätte in diesem Fall eine Nachricht hinterlassen. Außerdem stand sein Audi noch im Carport. Also was dann? Craig wollte sich nicht den schlimmsten Fall vorstellen, aber er konnte nicht verhehlen, daß er sich ernsthafte Sorgen machte. Waren die Aliens hier gewesen und hatten seinenFreund entführt oder umgebracht?

 

Ein Windstoß blähte die Vorhänge auf und erst jetzt bemerkte er, daß die Terrassentür weit offen stand. Er rannte in den Garten. „Lew?“

 

„Ja, ich bin hier.“ Craig schaute in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Dort, am Ende des Gartens, konnte er in der Dunkelheit die Silhouette seines Kameraden ausmachen. Craig hastete zu ihm. „Was ist los? Ist alles in Ordnung?“

 

Lew saß vornübergebeugt auf der Bank, den Blick zu Boden gerichtet. Er sah nicht auf, als sein Freund zu ihm trat. „Nein. Nichts ist in Ordnung. Mein Bruder .... sie haben seine Überreste gefunden.“

 

Er hob seine Hand. Craig sah erst jetzt, daß er ein Blatt Papier festhielt, welches er ihm mit einer hilflosen Geste hinhielt. Craig nahm es und warf einen Blick darauf. Zweifellos handelte es sich um einen Brief, aber es war schon zu dunkel, um dieWorte zu entziffern. Er zögerte einen Moment, dann setzte er sich neben Lew und legte ihm einen Arm um die Schultern.

 

„Du hast also einen Brief bekommen. Von wem?“

 

Lew hob seinen Kopf und sogar in dem fahlen Licht des Mondes bemerkte Craig die rotgeränderten Augen seines Freundes.

 

„Von meiner Schwester Liza. Sie lebt in Australien. Sie schreibt, daß unser Bruder Daniel in einem Canyon gefunden wurde. Oder besser: was von ihm übrig geblieben ist. Ein Skelett und Reste seiner Armbanduhr.“

 

Craig fühlte sich hilflos. Er hatte seinen Kumpel noch nie in einem solchen Zustand gesehen und er fühlte tiefes Mitleid, als er die Trauer in Lews Gesicht bemerkte.

 

„Das tut mir sehr leid. Ich wußte gar nicht, daß du einen Bruder hattest.“

 

„Ich habe dir nie von ihm erzählt. Er verschwand vor fünfzehn Jahren aus einem Feriencamp, als er gerade einmal zwölf Jahre alt war. Seitdem wurde er vermisst. Vorletzte Woche hat ihn eine Klettergruppe in den Bergen gefunden, etwa 20 Kilometer von dem Ort entfernt, wo er damals verschwunden ist. Sie fanden ihn - und unseren Cousin Philip.“

 

Lew schaute auf. Für einem Moment erfasste der Lichtstrahl einer Leuchtbake vom Holy Loch die beiden Männer und spiegelte sich in Lews feuchten Augen, dann ließ er seinen Kopf wieder sinken. Craig stand auf und zog Lew mit sich hoch. Er hatte das schwache Zittern seines Freundes bemerkt und wußte, daß dies nicht nur auf die abendliche Kühle zurückzuführen war.

 

„Komm Lew, es wird kalt hier draußen. Lass uns ins Haus zurückkehren und dann erzählst du mir alles über Daniel.“

 

X X X

 

Lew starrte ins Kaminfeuer und räusperte sich. „In dem Jahr verbrachte meine Familie die Sommerferien bei meiner Tante Tilda in Berry, einem kleinen Ort an der Ostküste. Wir Kinder wollten unbedingt an einem zweiwöchigen Sommercamp im Känguruh Valley teilnehmen. Unsere Eltern war zuerst dagegen, aber letzten Endes willigten sie ein unter der Voraussetzung, daß unser Cousin Philip mit uns ging.“

 

Craig nickte. „Wie alt warst du damals?“

 

„Dreizehn und Liza fünfzehn. Philip war ein Jahr älter als sie, also sechzehn. Unsere Feriengruppe war klein, nur etwa 20 Kinder und ein paar Betreuer. Wir campierten in einem Tal, in dem es keine Ortschaften gab und nur einen Bauernhof, auf dem wir alle zwei Tage frische Milch und Brot holten.“

 

Lews Gedanken kehrten zu dem Morgen zurück, als das Unglück seinen Lauf nahm. „Eines Tages war es Dannys und Philips Aufgabe, einkaufen zu gehen. Sie verließen das Camp um sieben in der Frühe und wir erwarteten sie eine Stunde später zurück, wie immer. Aber sie blieben verschwunden.“

 

Craig goß seinem Freund und sich einen neuen Drink ein und sah ihn an. „Erzähle weiter. Was passierte dann?“

 

„Wir warteten. Und dann begannen wir zu suchen. Zum Schluß riefen unsere Campleiter die Polizei. Sie fanden heraus, daß unsere Jungen nie den Bauernhof erreicht hatten. Aber ein Augenzeuge hatte eine Beobachtung in den nahen Bergen gemacht: die Reflektion der Sonne auf einem seltsamen metallischen Objekt, das ein pulsierendes grünes Licht auf der Spitze hatte.“

 

Er warf Craig einen bedeutsamen Blick zu. Craig atmete hörbar ein. „Du meinst... Aliens?“

 

„Ja, ich bin überzeugt davon. Aliens. Niemand glaubte damals dem Bergsteiger, auch ich nicht, aber Jahre später, als ich schon in der Navy diente, war ich überzeugt, daß er Recht gehabt hatte. Meine Schwester klammerte sich immer an die Hoffnung, daß Danny noch lebte, aber ich wußte, daß wir ihn nicht mehr wiedersehen würden.“

 

Lew seufzte und stand auf. Er nahm den Umschlag vom Tisch und zog ein weiteres Blatt heraus. „Hier, der Bericht der Rechtsmedizin. Es gibt keinen Zweifel, daß es sich bei dem Fund um Daniel handelt.“

 

Craig nickte bedrückt. Er sah auf und schaute in Lews Augen.„Das tut mir sehr leid, mein Freund. Aber erzähl ... Du gingst also zur Navy. Und dann? Wie bist du mit SHADO in Kontakt gekommen?“

 

„Durch Ed Straker. Eines Tages, als wir von einer Patrouillenfahrt zurückkehrten, wartete er an der Gangway auf mich. Er zeigte seine ID-Karte und eine Erlaubnis des Admirals und dann nahm er mich direkt mit zum IAC Hauptquartier.“

 

„Ich kann mir den Rest denken. Du unterschriebst und wurdest dann später Skydiver-Captain. Aber noch einmal zu deinem Bruder zurück. Was wird jetzt passieren?“

 

„Liza schreibt, daß sie sein Begräbnis für die kommende Woche organisiert hat. Ich werde den Commander um einige freie Tage bitten.“ Er nahm sein Glas und trank den letzten Schluck. „Tut mir leid, ich habe meinen Appetit verloren, aber vielleicht möchtest du noch etwas essen? Du kannst es in der Mikrowelle aufwärmen, wenn du magst. Ich gehe jetzt ins Bett. Morgen wird ein arbeitsreicher Tag.“

 

X X X

 

Eine leichte Brise kräuselte die Oberfläche des Wassers und die Sonne spiegelte sich in den öligen Flecken auf dem Brackwasser, als Lew und Craig den Kai entlang zu ihrem Skydiver gingen.

 

„Hey PO, einen Moment.“ Lew winkte Petty Officer Morrison, der auf dem Weg in die Konstruktionshalle war.

 

„Captain?“

 

„Was macht unser U-Boot? Haben Sie heute morgen schon die Systeme geprüft?“

 

„Ja, Sir. Geprüft und alles in Ordnung. Wir können eine Testfahrt machen, wann immer Sie wünschen.“

 

„Sehr gut. Dann um neun an Bord.“

 

„Jawohl, Sir.“

 

Craig schaute seinen Kumpel überrascht an. „Was hast du vor?“ Er kletterte in den Turm und wartete, bis Lew die Stufen verlassen hatte.

 

„Ich will das Dockingsystem testen. Natürlich außerhalb der Base.“

 

„Was meinst du mit ‚außerhalb der Base’? Einen kleinen Ausflug mit dem U-Boot machen, nur du und ich?“

 

„Richtig, und Morrison. Ein paar Meilen hinaus ins Fahrwasser und dann mal schauen, ob die elektromagnetischen Dockspots korrek tarbeiten.“

 

„Klingt interessant. Nun denn.“ Craig startete den Reaktor und die Kontrollmonitore begannen zu summen. Bevor die Checkroutine beendet war, kletterte auch Morrison an Bord.

 

„Fertig, Sir.“ Er schloß die Luke hinter sich.

 

Lew nickte. „Skydiver 17-2 an Base Control“

 

„Kommen Sie, Skydiver.“

 

„Hier spricht Waterman. Wir werden jetzt eine Testfahrt machen außerhalb des Loch. Voraussichtliche Rückkehr um elfhundert.“

 

„Verstanden, Captain. Viel Glück.“

 

Waterman drehte sich zu Morrison um. „Bringen Sie uns raus.“ Ein sanftes Brummen lief durch das Boot, als es der Navigator mit mininaler Geschwindigkeit aus dem Dock steuerte.

 

„Wir sind draußen, Sir. Haben das Fahrwasser erreicht.“

 

„Periskoptiefe. Craig, ich werde den Jet starten. Ich möchte, daß du das Dockingsystem beobachtest, wenn ich wieder zurückkomme.“

 

„Alles klar.“ Craig schaltete die Unterwasserkameras ein. Lew ließ sich durch den Verbindungstunnel in den Jet gleiten und legte die Sicherheitsgurte an. „Check, eins, zwei, drei. Kannst du  mich hören, Craig?“

 

„Laut und deutlich.“

 

„PO, lassen Sie das Boot auf einen Yard über dem Grund sinken, horizontale Lage.“

 

Der Skydiver sank auf die befohlene Tiefe.

 

„Ich werde jetzt den Jet starten, minimaler Schub.“ Waterman drückte einen Schalter und die Turbine begann, sich zu drehen. Der Jet ruckte und bewegte sich einige Inches von den Magnetspots weg. Lew beschleunigte ein wenig, um Abstand zwischen sich und das U-Boot zu bringen, aber außer einem alarmierenden Knacken außerhalb des Jets passierte nichts. Er zog den Hebel zurück und der Jet stoppte seine Bewegung.

 

„Craig, ich glaube, ich hänge an etwas fest.“

 

„Lass mich das mit der Kamera prüfen ... aha, ich sehe schon. Eine der Sicherungsklammern des Boots ist noch mit dem Jet verbunden. Sieht verbogen aus.“

 

„Verdammt. Dann haben wir ein Problem. Ich kann weder vor noch zurück.“

 

„Stimmt. Ich werde rauskommen und mir das von außen ansehen.Gib mir fünf Minuten, vielleicht kann ich das Teil von Hand lösen.“

 

Craig zog einen Taucheranzug an und betrat die Ausstiegsluke. „Trimmen Sie das Boot, solange ich an der Klammer arbeite. Wenn ich Ihnen ein Signal gebe, geben Sie einen kurzen Schub, vielleicht wird das den Jet vom Dockingspot lösen.“

 

Morrison nickte und schloß die Luke. Craig setzte die Atemmaske auf und wartete, bis das einschießende Wasser die Kammer gefüllt hatte. Er drehte  das Verschlußrad, wuchtete den schweren Deckel nach oben und schob sich durch die Luke nach draußen. Mit wenigen kraftvollen Flossenschlägen war er am Dockingspot mit der verbogenen Klammer.

 

„Da haben wir’s ja schon.“ Seine Stimme klang verzerrt durch die Tauchermaske. „Lew?“

 

„Ja, ich höre dich. Kannst du es reparieren?“

 

„Mal sehen.“ Craig nahm einen Schraubenschlüssel  aus seiner Tasche und begann, an der defekten Klammer zu arbeiten. „Meine Güte, komplett verbogen. Nicht so einfach.“ Er versuchte, das Metallteil zu richten.  „Fertig. Morrison, geben Sie einen kurzen Schub und schieben den Jet ein wenig an, vielleicht reicht das ja schon.“

 

Der PO folgte der Anweisung. Das U-Boot bewegte sich vorwärts und gab dem Jet einen Schubs, ausreichend, um ihn zum Driften zu bringen. Lew startete die Turbinen und der Jet stabilisierte sich.

 

„Okay, Craig. Ich werde eine kurze Runde drehen und dann versuchen, wieder anzudocken. Warte dort.“

 

Lew zog die Steuerung zu sich und sah aus dem Kabinenfenster in das trübe Meerwasser. Er wußte, daß die Sichtweite hier im Holy Loch so kurz hinter der Base immer sehr schlecht war. So war er froh, daß das neue Unterwasserradar keine Hindernisse auf dem Meeresgrund vor ihm anzeigte.

 

Er lenkte den Jet in eine enge Kurve, als vor ihm ein grüner Lichtstrahl aufblitzte. Lew riss die Steuerung herum und versuchte auszuweichen, aber der Strahl  raste auf ihn zu, traf den Jet unterhalb des Cockpits und schleuderte ihn zur Seite. Ein zweiter Lichtstrahl nahm Kurs auf  das U-Boot und schlug wenig später mittschiffs ein. Der Skydiver erzitterte und setzte hart auf dem felsigen Meeresgrund auf.

 

Lew schlug auf die Sprechtaste. „Base Control, hier ist Sky17-2. Roter Alarm. Irgendetwas attackiert uns unter Wasser. Der Skydiver ist getroffen, liegt auf Grund, weiteres unbekannt. Ich versuche, uns mit dem Jet zu verteidigen. Haben Sie mich verstanden?“

 

Der Lautsprecher spuckte einige unverständliche Wortfetzen aus, dann – Stille. Lew presste die Lippen zusammen. Der Angreifer mußte immer noch da sein, irgendwo vor ihm im schlammigen Wasser. Sein Sonar begann zu pingen. Lew aktivierte die Laserkanone. „Wo zum Henker bist du?“ murmelte er. Die Pings kamen nun schneller. Lews Finger hing über dem Feuerknopf, während er aus dem Fenster starrte.

 

Da! Das fremde silberne Schiff begann zu feuern, nur den Bruchteil einer Sekunde nachdem Lew die Laserkanone betätigt hatte. Lew konnte sehen, wie der Angreifer getroffen wurde und explodierte. Im gleichen Moment wurde sein eigener Jet herumgewirbelt und auf den Grund geschleudert. Ein langer Riß erschien in der Kabinenwand. Augenblicklich begann Meereswasser ins Innere zu sickern. Die Kabine war völlig verwüstet, die Instrumente zerstört und Lews Pilotensitz halb aus der Verankerung gerissen. Beißender Qualm von funkenschlagenden Kabeln waberte durch die Kabine und machte ihm das Atmen schwer. Er bemühte sich, die Gurte seines Sitzes zu öffnen. Der Rauch war die eine Gefahr, aber auch das nun immer stärker eindringende Wasser bereitete ihm große Sorge. Er wußte, daß er keine Zeit verlieren durfte und möglichst bald aus dem Jet kommen mußte, der sich schnell als tödliche Falle entpuppen konnte.

 

Gerade hatte er es geschafft, die Gurte abzustreifen, als einer der Computer explodierte. Lew wurde in den Sitz zurückgeschleudert und ein stechener Schmerz zuckte durch seinen Oberkörper. Irgend etwas hatte seine Schulter getroffen. Er stöhnte auf und wandte den Kopf zur Seite. Ein Stück Metall hatte sich durch seine linke Schulter unterhalb des Schlüsselbeins gebohrt und steckte in der Lehne hinter ihm fest. Der Schmerz raubte ihm fast das Bewußtsein. Er war gefangen im Jet, buchstäblich an den Sitz genagelt. Wenn es ihm nicht gelänge, frei zu kommen, würde er ertrinken, soviel war klar.

 

Er bewegte seine rechte Hand und versuchte, an das Mikrophon zu gelangen, während der Schmerz in Wellen durch seine Schulter flutete.

 

„Waterman... Mayday, Mayday. Ich bin verletzt, der Jet ist manövrierunfähig. Ich komme nicht raus, die Kabine wird überflutet. Mayday. Base Control, hören Sie mich?“

 

Keine Antwort. Das Mikro glitt aus Lews Hand. ‚Wenn irgend jemand da draußen ist, der mich retten kann, dann sollte er es bald tun’, dachte Lew in einem Anflug von Galgenhumor, bevor er das Bewußtsein verlor.

 

X X X

 

Craig Collins wußte nicht, wo er sich befand. Er driftete über dem Meeresboden, auf dem Rücken liegend, und braunes Seegras trieb im trüben Wasser an seinen Augen vorbei. Stück für Stück kehrte seine Erinnerung zurück. Nachdem Skydiver vom UFO getroffen worden war, hatte die anschließende Explosion ihn seitwärts weggeschleudert. Er erinnerte sich noch an Lew’s verzweifelten Hilferuf und die zweite Explosion, bevor der Helmfunk versagt hatte.

 

Er drehte sich mit ein paar Armschlägen in eine aufrechte Position und nahm vorsichtig einen tiefen Atemzug. Sein Kopf schmerzte, ebensowie sein ganzer Körper, aber seine Knochen schienen ganz  zu sein. Ein steter Strom kleiner Luftbläschen entwich seinem Tauchgerät, ein sicheres Zeichen, daß es beschädigt sein mußte, aber solange er die verbleibende Luft noch nutzen konnte, gab es keinen Grund, zur Oberfläche aufzusteigen. Er sah sich um und versuchte, den Jet auszumachen, in dem sich Lew befand. Hoffentlich hatte er die Explosion überlebt.

 

In einiger Entfernung konnte er die Umrisse eines Flugzeuges ausmachen. Lews Jet oder der Angreifer? Er strengte seine Augen an und entzifferte die Nummer auf dem Heckflügel: Sky 17-2.

 

Er legte den Weg in Rekordzeit zurück. Der Jet trieb halb auf der Seite, ein Seitenflügel abgebrochen, das Dach des Cockpits eingedrückt. Luft entwich in einem breiten Strom aus dem Riß in der Außenhülle. Craig tauchte zu einem der Fenster und spähte ins Innere. Da war Lew, und Craig erkannte im gleichen Augenblick, in welcher Gefahr sich sein Kamerad befand.

 

„Lew? Lew!“ Craig schlug mit geballter Faust an die Scheibe. Sein bewußtloser Freund war in seinem Pilotensitz gefangen, das Wasser in der Kabine reichte ihm schon fast bis zum Hals. „Lew, um Himmels Willen, wach auf.“

 

Fieberhaft suchte er nach einem Weg, um Lew aus seinem nassen Gefängnis zu befreien. Er wußte, daß die neueste Generation der Sky-Jets einen Notausstieg an der Bodenplatte hatte, aber dieser war eher für Notausstiege bei Bruchlandungen an Land gedacht. Dennoch erschien dies die einzige Möglichkeit zu sein, um Lew in den nächsten Minuten aus dem Cockpit zu bekommen. Er warf einen letzten Blick in die Kabine und seuzte erleichtert, als der Mann seine Augen öffnete und ihn ansah. Mühevoll hob Lew eine Hand und deutete auf seine Schulter, aus der eine Metallstange ragte, dann schüttelte er den Kopf. Craig verstand; Lew war nicht in der Lage, sich selbst aus seinem Sitz zu befreien.

 

Es war keine Zeit mehr zu verlieren. Das Wasser in der Kabine war weiter angestiegen und erreichte nun schon Lews Gesicht. Craig tauchte am Jet hinunter, um zum Notausstieg zu gelangen. Er zog die schmale Revisionsklappe auf und drückte auf den roten Knopf. Die Tür öffnete sich eine Hand breit und stockte dann. Craig zwängte seinen Körper in die Öffnung und drückte sie mit aller Macht weiter auf. Der Sog des nun einströmenden Wassers riß ihn beinahe mit in den Jet und er wußte, daß auch der Wasserspiegel imCockpit nun in Sekundenschnelle ansteigen würde. Er schlüpfte aus den Gurten seines Tauchgeräts und glitt durch den engen Gang hinauf in die Kabine.

 

Lews Kopf war nun komplett unter Wasser, seine Augen weit geöffnet, den Bewegungen seines Freundes folgend. Als Craig nach der Metallstange in Lews Schulter griff, nickte ihm Lew kurz zu, dann schloß er seine Augen. Craig zog mit aller Kraft. Die Stange gab nach und löste sich aus Lews Schulter. Gefolgt von einem rötlichen Wasserwirbel sank sie zu Boden. Lew kippte nach vorn, einen stillen Aufschrei in seiner Kehle, bevor seine letzte Atemluft seine Lippen verließ. Craig wußte, daß sein Kamerad ertrinken würde, wenn er ihn nicht umgehend an die Oberfläche bringen konnte. Er schlang seine Arme um den schlaffen Körper vor ihm, stieß ihn nach unten in den Gang und folgte dann. Als sie endlich hinaus ins Meer glitten, verlor er keine Zeit, sein Tauchgerät wieder anzulegen. Er packte Lew und zog das Ventil seiner Tarierweste. Seine Lungen brannten und der Wunsch, Luft zu holen, übermannte ihn beinahe, aber mit kräftigen Schlägen seiner Taucherflossen trieb er beide aufwärts.

 

Sie durchbrachen die Wasseroberfläche. Helfende Hände streckten sich ihnen entgegen und zogen sie aus dem Wasser. Craig rang nach Luft, unfähig, mehr zu tun als die frische Seeluft in seine leeren Lungen zu pumpen. Starke Arme drehten ihn auf den Bauch, machten es ihm einfacher, zu atmen. Irgend jemand reichte ihm eine Atemmaske. Er schob sie beiseite und krächzte: „Mein Freund... er ist verletzt ... helft ihm zuerst.“

 

Das bärtige Gesicht des Kapitäns beugte sich über ihn. „Aye, wir haben alles unter Kontrolle. Er ist in guten Händen.“

 

Craig hob den Kopf. Das Seewasser tropfte ihm aus den nassen Haaren in die Augen und machte es schwer, etwas zu erkennen. Er wischte es mit dem Handrücken beiseite und richtete sich auf. Er war an Bord eines Marinekontrollboots. Neben ihm lag Lew auf einer Trage. Zwei Sanitätsmatrosen waren damit beschäftigt, ihn mit Sauerstoff zu versorgen und seine Wunde in der Schulter zu verbinden. Er wurde wach und sah zu Craig hinüber.

 

„Dem Himmel sei Dank,“ wisperte Craig und kniete sich neben seinen Freund. Lew wollte antworten, aber ein Hustenanfall machte den Versuch zunichte. Schließlich gelang es ihm, ein einziges Wort zu keuchen. „Danke!“

 

Craig grinste und tätschelte seinen Arm. „Gern geschehen. Dafür sind Freunde ja da.“

 

X X X

 

„Ja, und danach hatte Base Control verstanden, was passiert war und sandte einen Rettungskreuzer...“

 

„... der zu spät kam, weil die Jungs von der Marine uns schon gerettet hatten“, vollendete Craig den Satz seines Commanders und lachte. „War nicht einfach, denen zu erklären, was da vorher auf dem Meeresgrund passiert war.“

 

„Ja, schließlich haben sie dann aber unsere Version vom explodierenden Küchenofen im U-Boot mit dem plötzlichen Ausfall der Energie akzeptiert“, ergänzte Lew und schüttelte den Kopf, immer noch erstaunt, daß ihre Geschichte Glauben gefunden hatte.

 

„Aber wie haben Sie denen die Verletzung in Captain Watermans Schulter erklärt?“ Colonel Freeman nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und sah Collins an.

 

Craig lächelte und stellte seine Kaffeetasse zurück. „Das“, kicherte er, „war ein großer Spaß. Ich habe unseren Marinekollegen erzählt, daß wir ein Barbecue an Bord geplant hatten und Lew, unser Koch, gerade damit beschäftigt war, Fleisch auf die Spieße zu stecken , als der Herd explodierte und ...“

 

„Nein, jetzt nehmen Sie mich aber auf den Arm, oder?“ Alec sah von einem zum anderen, halb zweifelnd, halb glaubend, was er zu hören bekam. Schließlich konnte Craig sich nicht mehr zurückhalten und lachte auf. Selbst Straker verzog seinen Mund.

 

„Craig, Sie machen Witze. Ich bin überzeugt, daß Ed eine bessere Erklärung abgeben mußte als das. Nebenbei, wie geht es PO Morrison?“

 

„Besser“, versicherte Lew. „Ich habe gehört, er konnte das Hospital verlassen und tritt seinen Dienst auf der Base in drei Tagen an.“

 

„Das ist richtig, Gentlemen.“ Straker nickte und drehte seinen Stuhl zum Schreibtisch zurück. „Ich möchte nicht unhöflich sein, aber da wartet noch eine Menge Arbeit auf mich. Alec, bleib noch einen Moment. Captain Waterman, ich möchte Sie am Montag zurück im Skydiver sehen. Und du, Craig, fliegst morgen zur Mondbasis, Colonel Foster erwartet dich.“

 

Beide Männer erhoben sich und verließen das Büro des Commanders.

 

„Craig, warte einen Moment. Da ist noch etwas, was ich dir sagen möchte.“

 

„Was?“ Sein Freund sah ihn fragend an.

 

„Als du mich aus dem Jet gerettet hast, wußte ich, daß du es tun würdest und mich zurük an die Oberfläche bringst.“

 

„Natürlich, das würde ich für einen Freund doch immer tun.“

 

„Ja schon, aber ... ich wußte es wirklich, weil ich das in einem Traum auf unserer Atlantikinsel vorausgesehen habe. Verstehst du? Genau diese Situation!“

 

„Hmm... du machst mir Angst. Hast du etwa hellseherische Fähigkeiten? Lass das bloß den Commander nicht hören, er schickt dich direkt als neuen Außenposten ins All.“

 

„Wäre bestimmt großartig, was?“ Lew grinste und schob Craig zum Aufzug. „Komm, lass uns noch ein Bier trinken gehen, bevor ich los muß.“

 

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -  ENDE TEIL ZWEI - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 

 

- DER DRITTE UND LETZTE TEIL  FOLGT IN KÜRZE - 

 Hier geht es zur englischen Version der Geschichte

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